Postnachsendeantrag für die Post des Betreuten

Betreuungsrecht

Gemäß § 1815 Abs. 2 BGB darf der Betreuer die Entscheidung über die Telekommunikation des Betreuten einschließlich seiner elektronischen Kommunikation und / oder die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten der Post des Betreuten nur treffen, wenn sie als Aufgabenbereich vom Betreuungsgericht ausdrücklich angeordnet worden sind.

Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber dem grundrechtlichen Schutz des Post - und Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 Grundgesetz) Rechnung getragen.

Da das Post - und Fernmeldegeheimnisses somit hohen Rang genießt, kommt seine Einschränkung nur in Betracht, wenn der Betreuer ohne eine entsprechende Bestimmung daran hindert wäre, seine Aufgaben wahrzunehmen und wenn dadurch das Wohl und die Interessen des Betreuten gefährdet wären.

Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn befürchtet werden muss, dass ohne Überwachung durch den Betreuer wichtige Briefe Dritter dem Betreuten unbekannt blieben oder wenn der Abschluss vermögensgefährdender Geschäfte durch den Betreuten droht.

Wie sieht die betreuungsrechtliche Praxis aus?

In der Praxis sind die Betreuungsgerichte bei Bestimmungen nach § 1815 Abs. 2 BGB häufig sehr zurückhaltend, was zu Problemen bei der praktischen Betreuungsarbeit führen kann.

Der Betreuer, dem der Aufgabenbereich der Vermögensangelegenheiten übertragen ist, ist darauf angewiesen, von Postsendungen, die beim Betreuten eingehen und dessen Vermögensangelegenheiten betreffen, möglichst lückenlos und zeitnah Kenntnis zu erlangen. Dies setzt entsprechende geistige Präsenz und ggf. Bereitschaft zur Zusammenarbeit beim Betreuten voraus - eine Voraussetzung, die oft nicht gegeben ist. Des weiteren sind je nach Postanfall häufige zeit - und kostenintensive Besuche des Betreuers beim Betreuten notwendig, deren Abrechnung zu Schwierigkeiten führen kann.

In dieser Situation kann ein Postnachsendeantrag helfen, mit dem die dem Betreuten zugedachte Post an die Anschrift des Betreuers umgeleitet wird.

Wer kann einen Postnachsendeantrag stellen?

Einen solchen Antrag muss der Betreute eigentlich selbst stellen, was sowohl seine Einwilligungsfähigkeit als auch Kooperationsbereitschaft voraussetzt.

Der Betreuer seinerseits kann den Antrag nur dann stellen, wenn eine Anordnung nach § 1815 Abs. 2 BGB vorliegt oder aber wenn der Antrag auf Wunsch des Betreuten im Rahmen der Vertretertätigkeit erfolgt, weil der Nachsendungsantrag in der Konsequenz einen Eingriff in das Postgeheimnis des Betreuten darstellt.

Ist ein Einwilligungsvorbehalt eine Alternative zur Postkontrolle?

Ist die Postkontrolle durch den Betreuer notwendig, um einer durch wirtschaftlich unsinnige Geschäfte des Betreuten entstehenden Vermögensgefährdung entgegenzuwirken, so kommt alternativ zu einer Anordnung nach § 1815 Abs. 2 BGB die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes nach § 1825 BGB in Betracht.

Ein Einwilligungsvorbehalt lässt das Post - und Fernmeldegeheimnis grundsätzlich unberührt, da mit seiner Hilfe einzelne Rechtsgeschäfte des Betreuten auf ihr Gefährdungspotenzial hin überprüft werden können, während andererseits eine Anordnung nach § 1815 Abs. 2 BGB wegen der praktisch kaum zu  überwindenden Schwierigkeiten, „gefährdende“ von „harmlosen“ Postsendungen zu unterscheiden, wahllos den gesamten Postverkehr ergreift.

Da nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zur Gefahrenabwehr stets das Mittel zu wählen ist, das in die Freiheitssphäre des Betreuten am wenigsten eingreift, wird jeweils nach den gesamten Umständen des Einzelfalles zu prüfen und zu entscheiden sein, ob die Einschränkung des Post - und Fernmeldeverkehrs oder ein Einwilligungsvorbehalt das Mittel der Wahl ist.

Wer zahlt die Gebühren für den Postnachsendeantrag?

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Letzte Änderung: 04.01.2024

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