Aufgabenbereich Freiheitsentziehung

Betreuungsrecht

Die Entscheidungsbefugnis des Betreuers hinsichtlich freiheitsentziehenden Maßnahmen erfordern gemäß § 1815 Abs. 2 BGB eine ausdrückliche betreuungsgerichtlichen Anordnung als Aufgabenbereich.

Ausdrücklich im Gesetz genannt sind die mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung des Betreuten und freiheitsentziehende Maßnahme im Sinne des § 1831 Absatz 4.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Maßnahmen dem Richtervorbehalt unterliegen - es genügt ein entsprechender Aufgabenbereich.

Ist eine Freiheitsentziehung erforderlich, so ist diese beim Betreuungsgericht vom Betreuer zu beantragen, wenn der entsprechende Aufgabenkreis nicht bereits ausdrücklich angeordnet wurde.

Aufgabenbereich muss erforderlich sein!

Grundsätzlich muss für den Aufgabenbereich Freiheitsentziehung wie bei jedem anderen Aufgabenbereich auch eine Erforderlichkeit bestehen (§ 1814 Abs. 1 S. 3 BGB). Dies bedeutet aber nicht, dass der Aufgabenkreis erst mit konkretem Handlungsbedarf angeordnet werden darf. Dies würde dem Sinn und Zweck widersprechen. Es ist vielmehr ausreichend, wenn ein zukünftig absehbarer Handlungsbedarf besteht oder aber wenn ein Handlungsbedarf unvermittelt auftreten kann.

Sofern Umstände vorliegen, die die Beschränkung des Aufgabenkreises ermöglichen (oder eine Erweiterung erfordern), muss der Betreuer dies zudem dem Betreuungsgericht unverzüglich mitteilen (§ 1864 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BGB).

Wann kommt eine freiheitsentziehende Maßnahme in Betracht?

Eine Freiheitsentziehung hat immer dem Schutz des Einzelnen zu dienen und darf keinesfalls für die Interessen Dritter eingesetzt werden. Dies bedeutet, dass die Maßnahme einen legitimen Zweck erfüllen und geeignet sein muss, die festgestellte Gefahr abzuwenden. Zudem darf die Gefahr nicht durch andere Mittel abgewendet werden können.

Sie ist daher nur dann zulässig,

1. wenn der Betreute droht, sich zu töten oder schwer zu verletzen und die Ursache für die Drohung in einer psychischen Erkrankung oder einer Behinderung liegt (§ 1831 BGB). Dabei muss der drohende Schaden für den Betreuten nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich sein

2. wenn eine notwendige ärztliche Maßnahme nicht ambulant, sondern nur im Rahmen einer Unterbringung durchgeführt werden kann. Die Grenzen sind hier von der Rechtsprechung sehr eng gezogen worden. Voraussetzung einer Freiheitsentziehung ist in jedem Fall, dass eine freie Willensbestimmung beim Betreuten nicht möglich ist und dringende medizinische Behandlungsbedürftigkeit besteht.

Eine Freiheitsentziehung muss zudem stets verhältnismäßig sein.

Über welchen Zeitraum kommt eine freiheitsentziehende Maßnahme in Betracht?

Genehmigt das Gericht eine geschlossene Unterbringung oder eine freiheitsentziehende Maßnahme, so erfolgt die Genehmigung i.a. für ein Jahr. In bestimmten Situationen kann auch eine Genehmigung für zwei Jahre erfolgen.

Liegt der Grund für die Freiheitsentziehung nicht mehr vor, so ist der Betreuer verpflichtet, die Maßnahme vor Ablauf des bewilligten Zeitraums zu beenden. Dies ist fortlaufend zu prüfen.

Die Beendigung der Maßnahme ist dem Betreuungsgericht vom Betreuer zu melden.

Fordert ein behandelnder Arzt die Entlassung bzw. Beendigung der Freiheitsentziehung, so sollte der Betreuer dieser Forderung nachkommen. Tut er dies nicht, besteht die Gefahr einer Beteiligung an einer verbotenen Freiheitsberaubung vor.

Keine Behandlung gegen den Willen des Betreuten!

Wesentlich ist dabei, dass nach gegenwärtiger Rechtslage auch ein zur ärztlichen Behandlung untergebrachter Betreuter gegen seinen Willen nicht behandelt werden kann.

Der Betreuer kann in diesem Fall in die ärztliche Zwangsmaßnahme nach § 1832 Abs. 1 BGB nur einwilligen, wenn

1. die ärztliche Zwangsmaßnahme notwendig ist, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden vom Betreuten abzuwenden,

2. der Betreute aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann,

3. die ärztliche Zwangsmaßnahme dem nach § 1827 zu beachtenden Willen des Betreuten entspricht,

4. zuvor ernsthaft, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung unzulässigen Drucks versucht wurde, den Betreuten von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen,

5. der drohende erhebliche gesundheitliche Schaden durch keine andere den Betreuten weniger belastende Maßnahme abgewendet werden kann,

6. der zu erwartende Nutzen der ärztlichen Zwangsmaßnahme die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt und

7. die ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus, in dem die gebotene medizinische Versorgung des Betreuten einschließlich einer erforderlichen Nachbehandlung sichergestellt ist, durchgeführt wird.

Ärztliche Zwangsmaßnahmen bedürfen nach § 1832 Abs. 2 BGB grundsätzlich immer auch einer gerichtlichen Genehmigung.

Der Betreuer hat gemäß § 1832 Abs. 3 BGB die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme zu widerrufen, wenn ihre Voraussetzungen weggefallen sind. Er hat den Widerruf dem Betreuungsgericht unverzüglich anzuzeigen.

Letzte Änderung: 01.11.2023

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