Ein demenzkranker Angehöriger wird ausgenutzt - was tun?

Betreuungsrecht

Leider kommt es nicht selten vor, dass ein Angehöriger demenzkrank wird. Das Gedächtnis lässt immer mehr nach und der Betroffene ist immer weniger in der Lage, die Folgen seines Handels realistisch einzuschätzen. In dieser Situation schleicht sich ein angeblicher Helfer in das Vertrauen des Kranken ein und veranlasst diesen zu eigenem Vorteil zu nachteiligen Vermögenstransaktionen beispielsweise in Form von Geschenken oder auch eines Vermächtnisses.

Was kann getan werden, um den Kranken vor dem „Helfer“ und vor sich selbst zu schützen?

Wenn der Betroffene seine vermögensrechtlichen Angelegenheiten infolge der Demenzkrankheit nicht mehr selbst besorgen kann, liegen die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung im Vermögensbereich gem. § 1896 BGB vor. Davon zu trennen ist die Frage, ob der Betroffene geschäftsunfähig ist.

Geschäftsunfähig ist gem. § 104 Nr. 2 BGB derjenige, der sich nicht nur vorübergehend „in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet“. Dies ist bei Demenzkranken jedenfalls im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung häufig der Fall.

Die von einem Geschäftsunfähigen vorgenommenen Geschäfte sind nichtig, also schlechthin unwirksam. Ausgenommen davon sind gem. § 105a BGB lediglich Geschäfte des täglichen Lebens, die mit geringwertigen Mitteln getätigt werden.

In der Praxis stimmen somit die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung und die Voraussetzungen der Geschäftsunfähigkeit bei Demenzkranken häufig überein.

Vollmacht

Wenn die „Vertrauensperson“ über die Konten des Kranken oder sonstige Vermögenswerte verfügt, so ist dies rechtlich nur dann abgedeckt, wenn eine rechtsgültige Vollmacht vorliegt.

Oft wird von der „Vertrauensperson“ behauptet, eine Vollmacht sei mündlich erteilt worden.

Dies ist zwar grundsätzlich möglich, jedoch von dem angeblich Bevollmächtigten häufig nicht beweisbar, weil der Vollmachtgeber infolge seiner Erkrankung keine zuverlässige Erinnerung an den Vorgang hat.

Stets ist eine – ob mündlich oder schriftlich – erteilte Vollmacht aber nur dann rechtswirksam, wenn der Erkrankte bei ihrer Erteilung geschäftsfähig war. Eben dieses ist wegen des schleichenden Verlaufs der Demenzkrankheit oft zweifelhaft.

Hat die „Vertrauensperson“ ohne rechtsgültige Vollmacht Geschäfte für den Erkrankten vorgenommen, so handelte sie als so genannter Vertreter ohne Vertretungsmacht. Der Vertretene wird aber durch die von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht vorgenommenen Geschäfte nur dann verpflichtet, wenn er das Geschäft nachträglich genehmigt. Dies würde aber ebenfalls Geschäftsfähigkeit voraussetzen.

Wenn ein Geschäftspartner in Kenntnis des geistigen Zustandes des Vollmachtgebers die von ihm erteilte Vollmacht ohne weiteres akzeptiert, so geht er damit also das Risiko der Unwirksamkeit des Geschäfts ein.

Handelt es sich bei dem Geschäftspartner um eine Bank, so wären etwaige Abhebungen vom Konto des Demenzkranken nicht rechtswirksam und die Bank müsste später u.U. nochmals zahlen.

Aus diesem Grunde akzeptieren in Fällen dieser Art viele Banken privatschriftliche Vollmachten nicht, sondern verlangen die Vorlage einer notariellen Vollmacht.

Wird eine Vollmacht durch einen Notar beurkundet, so ist der Notar verpflichtet, sich dabei von der Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers zu überzeugen. Hat er daran Zweifel, muss er diese notfalls durch Einholung eines Gutachtens aufklären oder eben die Beurkundung der Vollmacht ablehnen.

Der Geschäftspartner des Bevollmächtigten kann auf diese Weise im Allgemeinen darauf vertrauen, dass eine ihm vorgelegte notarielle Vollmacht rechtsgültig ist und der Vertreter tatsächlich für den Vertretenen handeln darf.

Für einen Vertreter ohne Vertretungsmacht besteht aus seiner Handlungsweise ebenfalls ein beträchtliches Risiko, da er gem. § 179 BGB u. U. selbst haftet.

Angehörige des Kranken haben einem etwaigen Bevollmächtigten oder auch der Bank gegenüber keinen Anspruch auf Auskunft über dessen Vermögensverhältnisse. Ihre etwaige Stellung als späterer gesetzlicher Erbe spielt dabei keine Rolle.

Handlungsempfehlung

Es ist folgendes Vorgehen zu empfehlen:

Der Bevollmächtigte sowie etwaige Geschäftspartner (z.B. die Bank) sollten schriftlich von begründeten Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit des erkrankten Angehörigen in Kenntnis gesetzt werden.

Beim zuständigen Betreuungsgericht sollte die Einrichtung einer Betreuung für den Angehörigen im Vermögensbereich beantragt bzw. angeregt werden. Dabei kann auch ggf. die Bereitschaft zur Übernahme der ehrenamtlichen Betreuung erklärt werden.

Letzte Änderung: 15.09.2023

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